Digitale-Versorgungs-Gesetz und Gesundheitsdaten

Geschrieben von Jan Steinbach, veröffentlicht am 05.12.2019

Am Donnerstag den 7. November verabschiedete der Bundestag das neue Digitale-Versorgung-Gesetz, mit dem das Gesundheitswesen über das E-Rezept hinausgehend digitalisiert wird. Während der Debatte im Bundestag wurde neben dem Bürokratieabbau insbesondere auch der interprofessionale Wissenstransfer und die Transparenz betont.

Inhaltlich besteht nun die Möglichkeit, Gesundheits-Apps zu prüfen und in die medizinische Behandlung mit einzubinden. Auch sollen Ärzte in Zukunft die Verwendung solcher Apps verschreiben könne. Zudem werden wissenschaftliche Institute nunmehr in die Lage versetzt, medizinisch relevante Daten sowie Leistungsdaten anzufordern, um diese für die Forschung zu verwenden.

Die Debatte um den mangelnden Datenschutz

Dabei wurde von der FDP ebenso wie von Vertretern der Grünen der unzureichende Datenschutz moniert. Datensätze seien trotz Pseudonymisierung rückverfolgbar. Ferner fehle es an einer hinreichenden Verschlüsslung und Akkreditierung der Datenintegrität. Auch wenn keine individuellen Gesundheitsdaten wie Röntgenbilder Gegenstand des Datentransfers sind, so sei der Datenschutz unter Berücksichtigung des Umstandes, dass durch das Digitale-Versorgungs-Gesetz eine zentralisierte Datenbank geschaffen werde, unzulänglich.

Gesundheitsminister Spahn verteidigte seinen Gesetzentwurf mit der Begründung, dass man endlich Tempo in die Digitalisierung des Gesundheitswesens bringen müsse, um ein eignes Leitbild zu schaffen, das nicht in einen Überwachungsstaat wie in China oder einen Überwachungskapitalismus wie in den USA ausarte. Darüber hinaus hält er den Kritikern seines Gesetzes vor, sie würden im Rahmen eines staatlichen Gesetzes, dass dem Fortschritt in der Medizin und der Heilung von Krankheiten diene, überzogen auf den Datenschutz insistieren. Hingegen werde es ohne großen Aufschrei hingenommen, wenn ein Großkonzern wie Google durch den Kauf von Fitbit Zugang zu unzähligen Gesundheitsdaten erhält, um diese ökonomisch zu verwerten.

Doch der Vergleich hinkt: richtig ist, dass auch dieses Gesetz – mag es auch gesundheitspolitische Vorteile bringen – ein weiterer Schritt hin zum gläsernen Bürger ist. Patienten können sich gegen die Verarbeitung ihrer Daten nicht wehren. Insbesondere eine Einwilligung ist nicht erforderlich. Die Einführung diverser digitaler Applikationen, in das Behandlungsprogramm der Ärzte führt weiterhin dazu, dass kaum noch zu überblicken ist, was mit den einzelnen Daten geschieht. Doch während der gläserne Konsument i.d.R. frei darüber entscheiden kann, wem er seine Daten übermittelt, ist der gläserne Bürger gezwungen, die Übermittlung seiner Daten durch die staatlichen Akteure zu dulden. Mit seinem Vergleich und der Betonung, nun endlich Tempo in die Sache zu bringen, längt Spahn von dem Problem des unzulänglichen Datenschutzes nur ab. In Sachen Datenschutz besteht daher erheblicher Nachholbedarf.

Dennoch: gesundheitspolitische Vorteile!

Allerdings ist das Gesetz nicht nur von datenschutzrechtlicher, sondern auch von gesundheitspolitischer Relevanz. Die Fehler bei der Umsetzung des Datenschutzes sollten also nicht über Möglichkeiten hinwegtäuschen, die das Gesetz bietet. Insbesondere die Einbindung von Gesundheits-Apps in die medizinische Behandlung eröffnet dem Gesundheitssystem neue Therapieansätze und Mittel auf die Gesundheit des einzelnen Patienten einzuwirken. Durch die weitgreifende Digitalisierung ist es nicht nur möglich, viel individueller auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten einzugehen. Zudem wird auch der bürokratische Aufwand für die am Gesundheitssystem Beteiligten reduziert, sodass im Ergebnis mehr Zeit für die gesundheitliche Behandlung bleibt.

Fazit

Das Gesetz ist ein weiterer und wichtiger Schritt hin zur Optimierung des Gesundheitssystems und wird auch nicht der letzte sein. Insbesondere im Hinblick auf den Datenschutz kündigte das Bundesgesundheitsministerium an, die Defizite alsbald in einem neuen Gesetz zu beseitigen. Dies ist angesichts des momentanen Stands auch sehr zu begrüßen. Daher kann das Gesetz trotz der datenschutzrechtlichen Mängel durchaus als Erfolg verbucht werden. Bis dahin bleibt es dem mündigen Bürger überlassen, mittels seiner Betroffenenrechte Herr seiner Daten zu bleiben und so den Staat bei der Verarbeitung seiner Daten zu kontrollieren.