Ist eine Weitergabe von Zeugendaten datenschutzrechtlich zulässig?

Geschrieben von Asena Turan, veröffentlicht am 10.02.2022

Im Jahr 2020 waren mehrere hunderttausend Personen an Unfällen im deutschen Straßenverkehr beteiligt. Zur Dokumentation, z.B. gegenüber Gerichten, werden polizeiliche Unfallaufnahmen durchgeführt. Diese beinhalten zumeist personenbezogene Daten der Unfallbeteiligten aber auch die von Zeugen. Die Weitergabe der Daten eines Zeugen könnte für zumindest einen der Unfallbeteiligten von Vorteil sein, da dieser als objektive Person das Unfallgeschehen wiedergeben kann. Fraglich ist jedoch, ob die personenbezogenen Daten der Zeugen datenschutzrechtlich weitergegeben werden dürfen.

Personenbezogene Daten

Zunächst ist es wichtig zu klären, welche Informationen als personenbezogene Daten zu verstehen sind. Personenbezogene Daten sind gem. Art. 4 Abs. 1 DSGVO alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen, diese sind unteranderem der Vor- und Zuname, die Privatanschrift, die Telefonnummer und weitere Informationen, die zur Identifizierung einer bestimmten Person führen.

Weitergabe von Daten an der Unfallstelle

Der Thüringer Landesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (TLfDI) musste sich zunächst mit diesem Problem auseinandersetzen, nachdem er auf eine Datenpanne aufmerksam wurde. Dabei stellte sich heraus, dass die Polizeibeamten den Unfallbeteiligten sogenannte Personalienaustauschkarten von Zeugen zu Verfügung stellten. Diese Personalienaustauschkarten beinhalteten personenbezogene Daten des Zeugen, wie den Namen, die postalische Adresse und die Telefonnummer. Durch eine ungewollte Kontaktaufnahme eines Unfallbeiteiligten mit einem Zeugen, beschwerte sich der Zeuge bei der Polizeiinspektion bezüglich der Weitergabe seiner Personalien.

Der TLfDI betrachtet einen Datenaustausch unter Unfallbeteiligten grundsätzlich als zulässig. Denn gem. § 34 Abs. 5 Var. b StVO dürfen und sollen Unfallbeteiligte ,,auf Verlangen‘‘ untereinander Daten austauschen. Der Sinn und Zweck des § 34 Abs. 5 Var. b StVO ist zum einen die Erleichterung der Klärung der Schuldfrage und zum anderen die Kontaktaufnahme zwischen den Versicherungen der Unfallbeteiligten.

Es stellt sich nun die Frage, ob ein Zeuge von dem Personenkreis der ,,Unfallbeteiligten‘‘ erfasst werden kann.

Was genau ist ein ,,Unfallbeteiligter‘‘?

Ein Unfallbeteiligter ist gem. § 142 Abs. 5 StGB eine Person, die durch ihr Handeln einen Unfall im Straßenverkehr verursacht hat oder verursacht haben könnte. Demnach ist der einfache Zeuge von diesem Personenkreis im Sinne des § 142 Abs. 5 StGB nicht erfasst, sofern er nicht gleichzeitig Unfallbeteiligter (z.B. als Beifahrer) ist.

Daher wäre die Weitergabe der Zeugendaten zunächst unrechtmäßig.

Rechtsgrundlage

Die DSGVO ist ein Verbotsgesetz mit Erlaubnisvorbehalt. Das bedeutet, dass die Verarbeitung personenbezogener Daten, in diesem Fall also etwa die Weitergabe personenbezogener Daten von Zeugen, einer Rechtfertigung bedarf, z.B. in Form einer Einwilligung oder einer gesetzlichen Legitimation, Art. 6 Abs. 1 DSGVO. Demnach wäre die Weitergabe der Zeugendaten an die Unfallbeteiligten, durch die Polizeibeamten, rechtlich nicht zulässig, denn es liegt weder eine Einwilligung des Zeugen noch eine gesetzliche Legitimation für die Weitergabe der Zeugendaten vor.

Änderung der Regelung bei Weitergabe von Daten

Schließlich wurde diese Datenpanne von dem Thüringer Ministerium für Inneres Und Kommunales (TMIK) als Gelegenheit genutzt, die Vorschriften zur Verwendung der Personalienaustauschkarte zu überarbeiten und unter den datenschutzrechtlichen Regelungen neuzugestalten.

Nach den neuen Regelungen soll in Zukunft ein Datenaustausch nur unter den Unfallbeteiligten erfolgen. Der Datenaustausch soll auch unmittelbar von den Unfallbeteiligten durchgeführt werden, also nicht etwa durch die Polizeibeamten .

Fazit

Der Wortlaut des § 34 StVO schließt den Zeugen aus dem Personenkreis der Unfallbeteiligten klar aus, daher ist der Personalienaustausch bezüglich des Zeugen rechtlich nicht zulässig. Die Weitergabe der Zeugendaten ist ebenfalls nicht von dem § 142 StGB gedeckt, daher ist eine wirksame Einwilligung des Zeugen notwendig. Somit dürfen die Polizeibeamten diese Daten nicht einfach weitergeben.