Endgültige Cookie-Entscheidung: Der BGH und das Planet49 Urteil
Geschrieben von Kemal Webersohn, veröffentlicht am 30.06.2020Schon seit geraumer Zeit begleitet uns die Frage, inwieweit Cookies einer Einwilligung bedürfen und unter welchen Umständen gegebenenfalls nicht. Bereits 2019 hatte der EuGH mit zwei Urteilen Aufsehen erregt; zunächst in Bezug auf Social PlugIns, schließlich dann mit einer viel beachteten Entscheidung über Cookies.
Der BGH hat sich nun final geäußert und damit gleichzeitig weitere Klarheit geschaffen: Der Cookie Opt–In durch eine aktive Einwilligung wird auch im deutschen Recht verbindlich.
Hintergrund zur Planet49 Entscheidung
Zu dieser Entwicklung kam es überhaupt erst, weil der BGH im Verfahren mit Namen Planet49 auf Ungereimtheiten zwischen deutschem Recht und dem europäisch vereinheitlichten Datenschutzrecht gestoßen war. Insbesondere die Frage, inwieweit die Cookie–Handhabung des § 15 Abs. 3 TMG unter Geltung von DSGVO und europäischer Cookie–Richtlinie anwendbar ist, war unklar.
Weit ausholend stellte der EuGH schließlich im Oktober des letzten Jahres dazu fest, dass das Ablegen von Cookies im Browser Cache des Webseitenbesucher einen schweren Eingriff in die Privatsphäre des Nutzers begründe, welcher nicht durch das berechtigte Interesse des Art. 6 Abs. 1 S.1 lit. f) DSGVO abgedeckt werden könne. Regelmäßig bedürfe es daher der Einwilligung des Betroffenen als zugrunde liegender Rechtsgrundlage. Die Brüsseler Richter haben lediglich technisch notwendige Cookies von dieser Maxime ausgenommen. Seither haben wir daher immer wieder empfohlen und kommuniziert die Cookie Policy zu ändern, insbesondere konforme Banner zu verwenden und Analyse sowie Marketingcookies erst zu setzen, nachdem der Nutzer eine aktive Zustimmung erteilt hat.
In Bezug auf die Wirksamkeit des TMG, in welchem eine Widerspruchslösung (Opt-Out durch Abwählen einer voreingestellten Checkbox) gemäß Wortlaut des §15 Abs. 3 nach wie vor implementiert ist, ist aber erst mit dem heutigen Tag durch die endgültige BGH–Entscheidung definitive Sicherheit eingekehrt.
Das Urteil des Bundesgerichtshofes
Bei Betrachtung des nun ergangenen Urteils ist die Stoßrichtung des BGH wenig überraschend. Bei der Bewertung des zugrunde liegenden Sachverhalts wurde anstelle der vorherigen Auslegung des §15 Abs. 3 TMG nun eine Rechtsauslegung gewählt, die konform mit dem übergeordneten Europarecht und den Präzisierungen des EuGHs ausfällt. Im Wortlaut heißt es bezüglich der Verwendung von Cookies und ähnlichen Diensten:
„(…) Einwilligung des Nutzers, die den Abruf von auf seinem Endgerät gespeicherten Informationen mithilfe von Cookies im Wege eines voreingestellten Ankreuzkästchens gestattet, stellt sowohl nach dem im Zeitpunkt der beanstandeten Handlung geltenden Recht als auch nach dem im Entscheidungszeitpunkt geltenden Recht eine unangemessene Benachteiligung des Nutzers dar.“
Damit ist die Opt-Out Lösungendgültig vom Tisch – auch im deutschen, nationalen Recht müssen Cookies daher einem Opt-In unterworfen werden, durch welchen die aktive Einwilligung durch eine bestätigende Handlung vorgeschaltet werden muss. Vorausgefüllte Checkboxen, wie im Ausgangsfall, bei dem die Zustimmung in die Verwendung zu Analyse- und Marketingzwecken per default schon eingestellt war, genügen nun nicht mehr.
Das komplette Urteil zum Nachlesen finden Sie hier.
Folgen
Der Gleichklang, mit dem sich der BGH den EuGH–Empfehlungen angeschlossen hat, sollte spätestens jetzt zu einer Reaktion von Websitebetreibern führen, die noch alte Cookie Logiken ohne Opt-In einsetzen. Mit der eurorechtskonformen Auslegung des TMG fällt die letzte Argumentationsstütze, die noch herangezogen werden konnte, um ein Opt-Out zu begründen.
Es ist vor allem auch zu erwarten, dass die Aufsichtsbehörden nun nachziehen: Haben diese schon zuvor, gestützt auf die DSGVO, zumeist eine Einwilligung in nicht technisch notwendige Cookies angeraten, so kann nun sogar direkt mit dem neuen Urteil und dem angepassten TMG argumentiert werden. Bußgelder und Verwarnungen zeichnen sich bei weiterem Ignorieren der neuen Rechtslage unseres Ermessens daher ab. Wie sich zuletzt gezeigt hat, können diese inzwischen auch sehr hoch ausfallen. Darüber hinaus könnten ungültige Cookie Banner sogar von Mitbewerbern abgemahnt werden!
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