Auskunftsersuchen ehemaliger Mitarbeitender: Zwischen berechtigtem Anspruch und strategischem Druck
Immer mehr Unternehmen sehen sich mit Auskunftsersuchen ehemaliger Mitarbeitender nach Art. 15 DSGVO konfrontiert. Was ursprünglich der Transparenz dienen sollte, wird in der Praxis zunehmend als strategisches Instrument genutzt – etwa zur Vorbereitung von Kündigungsschutzklagen.
Trotz möglicher taktischer Hintergründe bleibt der Auskunftsanspruch rechtlich bindend. Innerhalb eines Monats muss eine strukturierte und vollständige Auskunft erteilt werden. Eine Ablehnung ist nur in Ausnahmefällen, etwa bei „offensichtlich unbegründeten“ oder „exzessiven“ Anfragen möglich und auch das nur mit sorgfältiger Einzelfallbewertung und Dokumentation.
Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang ein Urteil des OLG Nürnberg (Az. 14 U 2828/21): Das Gericht stellte klar, dass ein Auskunftsersuchen auch dann ernst zu nehmen ist, wenn es im Zusammenhang mit einem arbeitsrechtlichen Streit steht. Ein bloß taktisches Motiv entzieht dem Anspruch nicht automatisch seine rechtliche Legitimation. Unternehmen müssen also auch in solchen Fällen sorgfältig prüfen und reagieren.
Vorsicht ist dabei vor allem auch geboten, wenn die Anfrage über einen Rechtsbeistand erfolgt. Liegt keine gültige Vollmacht vor, dürfen keine Daten herausgegeben werden. Gleichzeitig beginnt die Frist zur Beantwortung jedoch mit Eingang des Ersuchens – nicht erst mit Vorlage der Vollmacht. Unternehmen stehen hier zwischen Fristwahrung und Datenschutzverstoß.
Der Umgang mit Auskunftsersuchen erfordert also Sensibilität, rechtliches Feingefühl und klar definierte Prozesse. Wer vorbereitet ist, kann nicht nur Fristen einhalten und Bußgelder vermeiden, sondern auch Vertrauen schaffen. Datenschutz wird so zur Stärke, nicht zur Stolperfalle.

Laura Stöhr, ist Juristin mit Schwerpunkt Datenschutzrecht und unterstützt unsere Consultants durch wissenschaftliche Arbeit zu aktuellen rechtlichen Fragestellungen. Auf unserem Blog schreibt sie über Themen rund um Datenschutz, die KI-Verordnung und Informationssicherheit.
Weitere Artikel des Autoren
- Social Media und persönliche Daten: Berechtigungen von Apps einschränken
- Weniger Bürokratie für kleine Unternehmen? Was die geplante VVT-Lockerung wirklich bedeutet
- Welche Unternehmen müssen sich zum NIS zertifizieren und bis wann?
- Datentransfers in die USA unter Trump: Bitkom warnt vor neuer Rechtsunsicherheit
- KI-Modelle mit systemischem Risiko: Kontrollierte Angriffe zur Risikoermittlung
- Die Umsetzung von NIS 2: Herausforderungen und Lösungsansätze
Verwandte Artikel
- Cyberangriffe auf Discord und Salesforce – was ist passiert?
- Der Weg zur KI-Kompetenz: Lernen, verstehen, anwenden
- PayPal unter der Lupe: Welche Alternativen gibt es?
- Zieht sich die Signal-App aus Europa zurück?
- Autofill bei Passwörtern: Praktisch, aber riskant
- iPhone gestohlen? Vorsicht vor dieser fiesen Phishing-Masche um Ihre PIN