Rechtsgrundlage für private Videoüberwachung
Geschrieben von Jan Steinbach, veröffentlicht am 07.06.2019Mit der Frage wodurch die Videoüberwachung von Geschäftsräumen datenschutzrechtlich legitimiert werden kann, befasste sich unlängst das Bundesverwaltungsgericht.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) befasste sich in einer Entscheidung vom 27.03.2019 mit der Frage nach der richtigen Rechtsgrundlage für die Datenverarbeitung im Rahmen einer privaten Videoüberwachung. Anlass war die Klage einer Zahnärztin, die sich gegen die Anordnung der Landesdatenschutzbeauftragten wehrte, nach welcher die Kamera in ihrer Praxis so auszurichten sei, „dass die Bereiche, die Besuchern offenstehen, während der Öffnungszeiten der Praxis nicht mehr erfasst werden“. Zwar musste sich das BVerwG in der konkreten Entscheidung noch nach dem alten Datenschutzrecht richten, das vor der Einführung der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und der damit einhergehenden Neufassung des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) galt, dennoch stellte es am Ende seiner Entscheidungsbegründung fest, dass Datenverarbeitungen durch eine private Videoüberwachung ausschließlich nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO gerechtfertigt werden können.
Begründung
Hintergrund hierfür ist die Feststellung, dass eine private Videoüberwachung nicht im öffentlichen Interesse nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. e) DSGVO liegt. Dies, weil hiernach ausschließlich Tätigkeiten erfasst werden, die durch staatliche Stellen und stellvertretend für diese als öffentliche Gewalt wahrgenommen werden. Folglich ist es den Mitgliedstaaten nach Art. 6 Abs. 2 oder 3 DSGVO nicht möglich, die private Videoüberwachung eigenständig im Rahmen einer Rechtsgrundlage zu spezifizieren. Damit ist § 4 BDSG n.F., der die Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen regelt, auf private Videoüberwachungsmaßnahmen nicht anwendbar. Es bleibt allein eine Rechtfertigung durch ein berechtigtes Interesse des Verantwortlichen im Sinne des Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO oder das vorherige Einholen einer Einwilligung der betroffenen Personen nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a) DSGVO.
Rechtliche Folgen
Durch die zutreffenden Feststellungen des BVerwG zu § 4 BDSG ist die Europarechtswidrigkeit dieser nationalen Vorschrift zwar nahegelegt worden, dennoch überschreitet es die Kompetenzen des BVerwG, die Norm offiziell als unvereinbar mit der DSGVO zu verwerfen. Formal ändert sich somit zunächst nichts.
Praktische Folgen
Dessen ungeachtet, sollten Private, also z.B. auch Unternehmen, die Entscheidung des BVerwG ernst nehmen und eine eventuell bestehende Videoüberwachung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO rechtfertigen und nicht den wohl europarechtswidrigen § 4 BDSG heranziehen. Zudem bleibt die Möglichkeit des Verantwortlichen, sich die ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Personen einzuholen, um die Installierung einer Kamera zu rechtfertigen. Schließlich ist zu beachten, dass die Ausführungen des Gerichts vornehmlich für Überwachungsmaßnahmen in öffentlich zugänglichen Räumen gelten. Im Rahmen einer Videoüberwachung am Arbeitsplatz können sich hingegen ganz andere Maßstäbe ergeben, die vom Verantwortlichen zu beachten sind.
Sollten Sie Unterstützung bei der rechtlichen Einordnung Ihrer Videoüberwachung benötigen, stehen wir Ihnen gerne beratend zur Seite – rufen Sie uns einfach an oder schreiben uns an kontakt@ws-datenschutz.de