Darf der Arbeitgeber wissen, ob die Mitarbeiter geimpft sind?

Geschrieben von Jan Steinbach, veröffentlicht am 02.09.2021

Seit nunmehr einigen Wochen wurde laut Aussagen der Bundesregierung allen Bürgern über 12 Jahre ein Impfangebot gemacht. Zudem sind bereits 60 % der Bevölkerung vollständig durchgeimpft. Dies wirft neben der Fragen nach der Zulässigkeit einer Impfpflicht auch datenschutzrechtliche Fragen auf. Vor allem Arbeitgeber haben ein Interesse daran, den Impfstatus ihrer Beschäftigten zu erfahren, z.B. um Corona-Ausbrüche im Betrieb zu vermeiden.

Aber unter welchen Bedingungen darf der Arbeitgeber den Impfstatus seiner Mitarbeiter erfragen oder sogar dokumentieren?

Auf die Branche kommt es an

Auch vor COVID-19 gab es bestimmte Geschäftszweige, in denen eine Impflicht galt (z.B. in der Pflege). Hier gibt es Rechtsgrundlagen, die das Abfragen des Impfstatus schon im Rahmen der Einstellung erlauben.

Neu an COVID-19 hingegen sind die umfassenden Schutzverordnungen der Länder, die mittelbar die Berufsausübung betreffen. Für Angestellte in der Gastronomie, Kultureinrichtungen, Kindertagesstätten oder Schulen, gelten etwa gleiche oder ähnliche Regeln wie für Gäste bzw. Besucher dieser Einrichtungen. Insbesondere die 3-G-Regel (geimpft, getestet oder genesen) oder 2-G-Regel (genesen oder geimpft) ist dabei relevant. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, den entsprechenden Nachweis zu prüfen.

Doch auch bei den Angestellten bleibt es ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage bei dem Prinzip „Eyes only“, d.h. der Nachweis darf lediglich vor Antritt zur Arbeit eingesehen, nicht aber dokumentiert werden. Für die Dokumentation des Impfnachweises (z.B. einer Kopie) fehlt es an einer Erlaubnis.

Branchen ohne Bezug zur Corona-Schutzverordnung

Angestellte in einer Branche ohne Bezug zur Corona-Schutzverordnung (etwa normale Büroangestellte) können ihrer Arbeit in den meisten Bundesländern auch ohne 3-G-Nachweis nachgehen.

Für den Impfnachweis durch den Mitarbeiter an den Arbeitgeber fehlt es an einer ausdrücklichen Rechtsgrundlage. Das einzige Instrument, etwa Büroangestellte nach dem Impfstatus zu fragen, wäre die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers. In § 618 Abs. 1 BGB wird diese Pflicht wie folgt bestimmt:

„Der Dienstberechtigte hat Räume, Vorrichtungen oder Gerätschaften, die er zur Verrichtung der Dienste zu beschaffen hat, so einzurichten und zu unterhalten und Dienstleistungen, die unter seiner Anordnung oder seiner Leitung vorzunehmen sind, so zu regeln, dass der Verpflichtete gegen Gefahr für Leben und Gesundheit soweit geschützt ist, als die Natur der Dienstleistung es gestattet.“

Weitere Fürsorgepflichten können sich außerdem auch aus § 242 BGB ergeben – dem Grundsatz von Treu und Glauben. So wird auch teilweise vertreten, die allgemeine Fürsorgepflicht des Arbeitgebers reiche aus, um Beschäftigten die Frage nach dem Impfstatus zu stellen, die diese wahrheitsgemäß beantworten müssen, um keine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung zu begehen. Nur so könne der Arbeitgeber die epidemiologische Gefahr innerhalb eines Betriebes einschätzen und wirksame Maßnahmen zum Schutz der Mitarbeiter einleiten.

Ob das in der Sache zutrifft, ist fraglich, spielt im Ergebnis aber auch keine Rolle, da Art. 9 DSGVO die Grenzen absteckt, innerhalb denen die Verarbeitung von Impfnachweisen, die ja Gesundheitsdaten darstellen, zulässig ist. Zwar passen einige der dort genannten Zwecke auf die vorliegende Situation. So dürfen nach Art. 9 Abs. 2 lit. b) DSGVO Gesundheitsdaten z.B. zum Zweck des Arbeitsschutzes verarbeitet werden. Erforderlich ist jedoch stets eine unionsrechtliche oder staatliche Rechtsgrundlage, die Umfang und Voraussetzungen der Verarbeitung der Daten festlegt. Doch weder die allgemeinen Regelungen aus § 618 Abs. 1 BGB oder § 242 BGB reichen aus, um hierauf eine Verarbeitung sensibler Daten zu stützen. Auch hatten die Gesetzgeber bei den unzähligen Novellierungen des Infektionsschutzgesetzes bzw. den Corona-Schutzverordnungen genug Gelegenheiten, eine entsprechende Rechtsgrundlage zu verabschieden und in die Schutzgesetzte bzw. -verordnungen einzufügen. Darin wäre dann auch die erforderliche Rechtsgrundlage zu sehen gewesen. Dies ist aber nie geschehen.

Im Hinblick auf die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung besteht jedenfalls Einigkeit. Sowohl Bundesgesundheitsminister Jens Spahn als auch der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil halten dies für erforderlich. Eine Abfrage oder gar Dokumentation des Impfstatus ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage (z.B. in Infektionsschutzgesetz oder der jeweils gültigen Corona-Schutzverordnung) durch den Arbeitgeber ist damit unzulässig.

Fazit

Es gibt aktuell keine Rechtsgrundlage, die es dem Arbeitgeber unmittelbar erlauben würde, den Impfstatus seiner Angestellten abzufragen oder sogar zu dokumentieren (außer in Ausnahmefällen wie etwa der Pflege). Ob und wie weit eine solche Rechtsgrundlage nächster Zeit im Infektionsschutzgesetz oder der jeweils gültigen Corona-Schutzverordnung zu finden sein wird, muss abgewartet werden.