Vereinbarkeit der vollständigen Erhebung der Fahrerdaten durch einen E-Scooter Vermieter
Geschrieben von Julia Martens, veröffentlicht am 11.09.2023Die vollständige Erhebung der Fahrerdaten durch einen E-Scooter Vermieter ist ein kontroverses Thema im Bereich des Datenschutzes sowohl für die Verwender als auch die Betroffenen. Es ist entscheidend, dass die mit den E-Scootern einhergehende Verarbeitung personenbezogener Daten im Rahmen der Nutzung im Einklang mit den geltenden Datenschutzgesetzen durchgeführt werden muss, um die personenbezogenen Daten der Nutzer angemessen zu schützen und datenschutzrechtliche Verstöße zu vermeiden. In der Vergangenheit wurden E-Scooter-Vermieter immer häufiger mit der zu umfangreichen Erhebung und Verarbeitung personenbezogener Daten kritisiert.
Die aktuelle Rechtsprechung des Arbeitsgericht Stuttgart hat mit einer Entscheidung vom 03.06.2023 nun kontroverse Meinung bestärkt und damit eine zu geringe Datenerhebung der E-Scooter-Vermieter bemängelt und letztendlich zu einer umfangreicheren Datenverarbeitung der Nutzerdaten aufgerufen.
Was war geschehen?
Im vorliegenden Fall ist die Klägerin ein Vermietungsunternehmen für E-Scooter, welche bei der Verwendung der elektronischen Fahrzeuge lediglich den Namen, eine E-Mail-Adresse und eine Telefonnummer der Mieter*innen erhebt.
Im Rahmen der Vermietung eines E-Scooters fand das städtische Ordnungsamt einen ausgeliehenen E-Scooter in einem markierten Halteverbot und meldete sich im Rahmen des eröffneten Ordnungswidrigkeitsverfahrens an die Klägerin und forderte diese zur konkreten Nennung der Daten zur Identifizierung des Nutzenden, der diesen streitgegenständliche E-Scooter dort abgestellt hat, auf. Die Klägerin teilte dem städtischen Ordnungsamt die durch den Nutzer angegebenen Daten (Name, E-Mail-Adresse und Telefonnummer) mit. Durch die unzureichenden Daten des Nutzers war eine Ermittlung des Fahrers aber weder durch das städtische Ordnungsamt noch durch die Stadt Stuttgart möglich. Das Ordnungswidrigkeitsverfahren wurde daraufhin eingestellt und der Klägerin die Verfahrenskosten nebst Auslagen auferlegt. Dagegen reichte die Vermieterin Klage ein.
Urteil
Das Amtsgericht Stuttgart hat in dem Urteil der Klägerin deutlich gemacht, dass ein Verstoß gegen das Halteverbot nach dem Beschluss des Gerichts unstreitig vorgelegen hat. Eine Ermittlung der betroffenen Person im vorliegenden Fall des E-Scooter-Nutzers durch beispielsweise eine gezielte Bestandskundenauskunft bei den jeweiligen Telekommunikationsdienstanbietern hätte in diesem Fall einen unangemessenen Aufwand erfordert und wäre bei einem solchem Bagatellverstoß unangemessen und unverhältnismäßig. Das Amtsgericht Stuttgart hat die Klage der Vermieterin gegen die Kosten für das Verfahren letztendlich abgelehnt. Fraglich war deshalb, ob eine vollständige Erhebung zur Identifizierung der Fahrer*innen umsetzbar und gesetzlich zulässig ist.
Fazit
Das Amtsgericht Stuttgart hat deutlich gemacht, dass eine vollständige Erhebung der Fahrerdaten, welche die Identifizierung der Fahrer*innen ermöglicht durchaus umsetzbar ist, um ein gewerbsmäßiges Risiko von nicht zuzuordnenden und sanktionierbaren Verkehrsverstößen im öffentlichen Straßenverkehr zu eliminieren. Unternehmen sind zwar gem. Art. 5 Abs. 1 Lit. c DSGVO zum Grundsatz der Datenminimierung bzw. Datensparsamkeit verpflichtet, bei personenbezogenen Daten die zu einer zustellungsfähigen Anschrift und weiteren Identität des Nutzers handelt es sich jedoch um solche Daten die zur Geltendmachung von Schäden bei Vertragsverletzungen im eigenen berechtigten Interesse des Betroffenen gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO liegen und würden damit Ermittlungen wesentlich oder entscheidend erleichtern.
Dies ließe sich auf die Rechtsgrundlage, Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO stützen und dürfte angesichts der Gefahren und etwaigen Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung durch die E-Scooter auch verhältnismäßig sein. Die Einführung einer umfangreicheren Datenerhebung des Nutzers könnte gleichzeitig zu einem respektvolleren Umgang mit dem E-Scooter sowie zu einem achtsameren Verhalten im Straßenverkehr führen.
Die Umsetzung der Erhebung der vollständigen Fahrerdaten und die damit eintretende Veränderungen bleiben abzuwarten, sind gleichzeitig aber durchaus ratsam.