Sozialdatenschutz – Akteneinsichtsrecht vs. Auskunftsrecht

Geschrieben von Yannick Garbsch, veröffentlicht am 13.10.2023

Ob Kranken-, Lebens- oder Rentenversicherung: Im Laufe des Lebens kommt jeder Bürger und jede Bürgerin mit den Sozialleistungsträgern in Kontakt. Im Vordergrund stehen die Fragen nach Anspruchsberechtigung und Anspruchshöhe. Aber was ist eigentlich mit den Daten, die im Rahmen teils langwieriger Verfahren verarbeitet werden? Gibt es ein Recht auf Auskunft oder sogar ein Recht auf Einsichtnahme?

Grundlegendes

Aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) wissen wir, dass betroffenen Personen im Zuge der Verarbeitung ihrer personenbezogenen Daten Auskunftsrechte zustehen. Dieses Recht ist in Art. 15 Abs. 1 DSGVO festgehalten.

Auch in der öffentlichen Verwaltung, zu denen unter anderem Sozialämter zählen, hat der Gedanke an transparente Datenverarbeitungsprozesse Eingang gefunden. Allerdings ist hier nicht von einem Auskunftsrecht die Rede, sondern vielmehr von einem Akteneinsichtsrecht. Sowohl nach § 29 VwVfG (Verfahrensverwaltungsgesetz), der allgemein ein verfahrensrechtliches Akteneinsichtsrecht regelt, als auch der speziellere § 25 SGB X, im Rahmen des Sozialdatenschutzes festgehalten, hat jeder Beteiligte eines Verwaltungsverfahrens gegen die jeweilige Behörde ein verfahrensrechtliches Akteneinsichtsrecht.

Aber inwiefern unterscheidet sich das Auskunftsrecht nach der DSGVO von dem verfahrensrechtlichen Einsichtsrecht?

Akteneinsicht nach Sozialdatenschutzrecht

Im Rahmen eines Sozialverwaltungsverfahrens regelt § 25 SGB X ein Akteneinsichtsrecht. Ein solches wird allerdings erst gewährt, wenn die Voraussetzungen des § 25 SGB X kumulativ vorliegen. Dabei geht es um folgende Punkte:

1. Beteiligte: Ein Einsichtsrecht wird nur Beteiligten am Verfahren gewährt (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB X). Nach § 12 SGB X ist der Antragsteller sowie der Antragsgegner Beteiligter. Dabei kann sich ein Beteiligter durch einen Bevollmächtigten vertreten lassen.

2. Verwaltungsverfahren: Das Einsichtsrecht muss die Akten eines Verwaltungsverfahrens betreffen (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB X). Unter Verfahren in diesem Sinne sind alle nach außen wirkenden Tätigkeiten einer Behörde, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrages gerichtet sind, zu verstehen.

3. Akten: Es muss die Einsicht in Akten begehrt werden (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB X). Unter Akten sind alle Schriftstücke zu verstehen, die die Behörde im Zusammenhang mit dem jeweiligen Verwaltungsverfahren verwendet bzw. heranzieht, wobei es sich um Originalurkunden als auch um Kopien handeln kann.

4. Erforderlichkeit: Die Einsicht müsste erforderlich sein (§ 25 Abs. 1 S. 1 SGB X). Dies ist der Fall, wenn die Einsicht für die Geltendmachung von rechtlichen Interessen erforderlich ist. Ein rechtliches Interesse ist dann zu bejahen, wenn mithilfe der Akteneinsicht tatsächliche Unsicherheiten über ein Rechtsverhältnis geklärt oder Entscheidungen über ein weiteres rechtliches Vorgehen getroffen werden können.

5. Sonderfall, § 25 Abs. 2 SGB X: Hiernach steht es im Ermessen der Behörde, ob der Inhalt einer Akte durch einen Arzt vermittelt wird, für den Fall, dass die Akte Gesundheitsdaten des Beteiligten enthält.

6. Keine Ausnahmen: Gemäß Art. 25 Abs. 3 SGB X kann die Akteneinsicht verwehrt werden, wenn die Vorgänge aufgrund berechtigter Interessen Beteiligter oder Dritter geheim gehalten werden müssen. In einem solchen Fall kann die Akteneinsicht nur durch Einwilligung der betroffenen Person, durch Übermittlungsbefugnis nach §§ 68 ff. SGB X oder durch Unkenntlichmachung der betreffenden Daten erreicht werden.

Auskunftsrecht nach DSGVO

Art. 15 DSGVO verpflichtet den Verantwortlichen gegenüber der betroffenen Person bestimmte Informationen über sie betreffende Datenverarbeitungen auf einen Antrag hin zur Verfügung zu stellen. Dieses Auskunftsrecht ist im Rahmen eines Sozialverwaltungsverfahren um § 83 SGB X zu ergänzen, der einerseits auf Art. 15 DSGVO verweist und andererseits in seinem ersten Absatz Ausnahmen von diesem Recht regelt.

Darüber hinaus hat das Auskunftsrecht neben den Beschränkungen von § 83 Abs. 1 SGB X ebenfalls seine Grenzen, wenn personenbezogene Daten anderer betroffen sind. Denn Art. 15 DSGVO gewährt dem Betroffenen nur ein Auskunftsrecht hinsichtlich seiner eigenen Daten und nicht hinsichtlich der Daten anderer Betroffener.

Vergleich

Das Einsichtsrecht nach § 25 SGB X und das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO i.V.m. § 83 SGB X mögen sich im Gedanken an transparente Datenverarbeitungsprozesse gleichen, sind aber hinsichtlich des Gegenstandes des jeweiligen Rechts zu differenzieren.

Art. 15 DSGVO i.V.m. § 83 SGB X regelt das Recht auf Auskunft über personenbezogene Datenverarbeitungen, während § 25 SGB X ein darüberhinausgehendes Einsichtsrecht gewährt. Danach können Anspruchsberechtigte Einsicht in die Akte erlangen, die über bloße Datenverarbeitungen hinaus alle Informationen des jeweiligen Sozialverwaltungsverfahrens enthält.

Im Gegenzug stellt § 25 SGB X im Vergleich zu Art. 15 DSGVO i.V.m. § 83 SGB X aber höhere Hürden an die Anspruchsberechtigung. So werden beispielsweise nur Beteiligte am Verfahren berücksichtigt, während das Auskunftsrecht jedem Betroffenen unabhängig von seiner Beteiligung am Verfahren zusteht. Auch muss ein Einsichtsbegehren nach § 25 SGB X dessen Erforderlichkeit gerecht werden.

Fazit

Mit beiden Ansprüchen können Informationen über Datenverarbeitungsprozesse erlangt werden. Welcher Anspruch zielführender ist, hängt von dem Begehren des Anspruchssuchenden ab. Werden ausschließlich Informationen über die Verarbeitung der eigenen Daten begehrt, so erscheint der Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 DSGVO i.V.m. § 83 SGB X aufgrund der geringeren Hürden als sinnvoller. Besteht darüber hinaus ein Interesse an weiteren Informationen über das jeweilige Verwaltungsverfahren, so ist das Einsichtsrecht nach § 25 SGB X die zielführendere Wahl. Allerdings können beide Rechte auch gleichzeitig geltend gemacht werden, da sie sich nicht ausschließen.

Wenn Sie weitere Informationen hinsichtlich des Auskunfts- beziehungsweise des Einsichtsrechts haben möchten oder eine Beratung wünschen, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.