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Zieht sich die Signal-App aus Europa zurück?

Geschrieben von Miriam Harringer, veröffentlicht am 09.10.2025

Die Chefin der Signal-App stellt Europa ein Ultimatum: Bleibt die geplante Chatkontrolle, zieht sich der Messenger zurück. Warum diese Ansage so ernst ist und was das für Datenschutz und Politik bedeutet, lesen Sie im Beitrag.

Was ist der Grund des möglichen Rückzugs?

Die Präsidentin der Signal-Stiftung, Meredith Whittaker, droht mit einem Rückzug aus Europa. Der Anlass: die geplante EU-Verordnung zur sogenannten Chatkontrolle. Sie will Messenger verpflichten, Inhalte vor der Verschlüsselung zu prüfen. Damit müssten Apps Hintertüren einbauen. Whittaker warnt im dpa-Interview: „Wenn wir vor die Wahl gestellt würden, entweder die Integrität unserer Verschlüsselung zu untergraben oder Europa zu verlassen, würden wir den Markt verlassen.“

Worum geht es in der Auseinandersetzung?

Zentral ist der Konflikt zwischen Kindesschutz und Datenschutz. Die EU will gegen Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs vorgehen, auch in verschlüsselten Chats. Deshalb schlägt sie vor, alle Nachrichten systematisch nach illegalem Material zu scannen – noch bevor sie verschlüsselt sind. Kritiker sehen darin eine gravierende Schwächung der digitalen Privatsphäre. Zwei Verbände der Digitalwirtschaft, Bitkom und eco, positionieren sich deutlich gegen Chatkontrollen. Es gibt sogar eine laufende Petition „Chatkontrolle stoppen“.

Die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung gewährt gute Sicherheit

Diese Verschlüsselung garantiert, dass nur Sender und Empfänger eine Nachricht lesen können. Selbst der Betreiber hat keinen Zugriff. Die vorgeschlagene Chatkontrolle würde diese Sicherheit untergraben, weil Inhalte vor der Verschlüsselung geprüft werden müssten. Das entspricht technisch einer Hintertür, die von Unbefugten missbraucht werden könnte. Das Max Planck Institute for Security and Privacy hat dazu ein leicht zu verstehendes Erklärvideo veröffentlicht.

Was sagen Europaparlament und Bundesregierung dazu?

Das Europaparlament lehnt solche Pläne mit großer Mehrheit ab. Die stark ausgeprägten Datenschutzbedenken führten zu einer klaren Absage. Die deutsche Regierung hatte sich bislang zurückhaltend positioniert. Deutschland galt als eines der Länder, die bislang eine Blockade von Chatkontroll-Vorhaben ermöglichten. Die Bundesregierung hat sich nun am Mittwochmittag gegen eine anlasslose Chatkontrolle ausgesprochen. Am Dienstag, 14. Oktober 2025, will der dänische Vorsitz im EU-Rat über die Chatkontrolle abstimmen lassen. 

Datenschutz oder Chatkontrolle gegen Verbrechen?

Aus eigenen Erfahrungen bei der Nutzung von Messengerdiensten ist Signal bisher immer noch der sicherste Kanal. Über WhatsApp oder über Telegram erhalten User zum Beispiel häufig Spam-Nachrichten oder Spam-Gruppeneinladungen.

Das ist nicht nur nervig, sondern hinsichtlich Privatsphäre und IT-Sicherheit auch gefährlich, denn ein Link ist in einer Sekunde der Unachtsamkeit schnell geklickt. Diese Problematik ist bei Signal noch nicht aufgetaucht, so zeigt es bisher die praktische Erfahrung. Dem Datenschutz gegenüber steht aber dennoch die Verbrechensbekämpfung mittels Chatkontrolle weiter im Raum.

Ob solche Hintertüren zukünftig verpflichtend eingebaut werden, bleibt nun abzuwarten. Wie der WDR berichtete, ist das neben vielen anderen Stimmen auch laut Prof. Dr. Louisa Specht-Riemenschneider, Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), aber der falsche Weg.

Veröffentlicht am 9. Oktober 2025