Wahl des Landesdatenschutzbeauftragten in Sachsen-Anhalt aufgeschoben

Geschrieben von Lucas Schlenkhoff, veröffentlicht am 10.10.2022

Im März 2022 hatte Kandidat Albert Cohaus keine Mehrheit bei der Wahl zum Landesdatenschutzbeauftragten bekommen. Nun hat die schwarz-rot-gelbe Koalition die Wahl des Landtages auf nach der Sommerpause verschoben. Angesichts der Schwierigkeiten der letzten Jahre einen Kandidaten zu wählen ist fraglich, ob die Wahl tatsächlich nur aufgeschoben oder gar aufgehoben ist und ob eine Aufhebung vielleicht sogar besser wäre.  

Doch zunächst zum Kontext: Der Landesdatenschutzbeauftragte in Sachsen-Anhalt ist eine unabhängige Landesbehörde mit Sitz in Magdeburg. Der Beauftragte wird für eine Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Hauptaufgabe des Landesbeauftragten für Datenschutz ist die Überwachung der Einhaltung und Wahrung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und anderer Vorschriften über den Datenschutz. Überwacht werden sowohl öffentliche Stellen wie Behörden, als auch Unternehmen und Vereine. Die Besetzung des Postens sollte also Priorität haben.  

Allerdings zieht sich der Prozess in die Länge. Letzter Datenschutzbeauftragter war Harald von Bose, der nach mehrfacher Verlängerung seiner Amtszeit Ende 2020 in den Ruhestand ging. Danach leitete Albert Cohaus die Geschäfte der Behörde interimsmäßig. Im Mai 2020 war bereits die Wahl von Nils Leopold unter der Regierung von CDU, SPD und Grünen gescheitert. Um die Hürden für einen Kandidaten zu verringern, wurde dann sogar die benötigte zweidrittel Mehrheit per Verfassungsänderung in eine einfache Mehrheit verwandelt. Doch auch dies konnte am Schicksal des Postens nichts ändern. Im März dieses Jahres ließ sich Albert Cohaus zusammen mit drei Konkurrenten zur Wahl aufstellen. Doch die Wahl scheiterte. Für Cohaus votierten nur 46 Landtagsabgeordnete, 49 waren erforderlich. An sich nichts Ungewöhnliches, wenn die schwarz-rot-gelbe Koalition nicht über eine Mehrheit von 56 Sitzen im Landtag verfügen würde. Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für den Datenschutz von 2003 bis 2013, erklärte im Interview mit dem MDR, dass die gescheiterte Wahl eine gewisse Politikunfähigkeit widerspiegele und zudem rechtlich hochproblematisch sei. Der Grünen-Politiker Striegel hält ein Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission laut MDR für möglich. Allerdings liegt dem Landtag bereits eine rechtliche Einschätzung des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor, die keinen Verstoß gegen europäisches Recht erkennt.  

Ein Verstoß mag nicht vorliegen, doch ein näherer Blick ins Gesetz zeigt: Das Posten-Problem ist hausgemacht. Die Europäische Union hat bezüglich der Amtszeit der Datenschutzbeauftragten keine näheren Angaben gemacht. Art. 51 DSGVO sieht lediglich die Pflicht der Mitgliedstaaten zur Benennung eines oder mehrerer Datenschutzbeauftragter vor. Wie lange die Amtszeit eines Datenschutzbeauftragten sein darf und was passiert, wenn die Wahl eines neuen Kandidaten über Jahre hinweg scheitert, darüber macht die Europäische Union keine Angaben. Nach § 21 Abs. 2 des Datenschutzgrundverordnungsausfüllungsgesetzes (DASG) hat der einmal gewählte Landesbeauftragte für Datenschutz sogar die Pflicht, das Amt bis zur Bestellung eines Nachfolgers weiterzuführen. Aber auch das DSAG weiß bei gescheiterten Wahlen keine Hilfe. Es ist daher nur natürlich, wenn man sich fragt: Warum sollte ein Datenschutzbeauftragter überhaupt gewählt werden? Würde eine Ernennung durch die Landesregierung nicht ausreichen?  

In den Niederlanden wird der Vorstand der niederländischen Datenschutzbehörde auf Empfehlung des Ministers für Justiz und Sicherheit durch königlichen Erlass ernannt. Auch in Österreich wird die Leiterin der Datenschutzbehörde vom Ministerrat beschlossen. Dies ist auch von Art. 53 Abs. 1 DSGVO so vorgesehen. Die Aufsichtsbehörde muss entweder vom Parlament, von der Regierung, vom Staatsoberhaupt oder einer unabhängigen Stelle ernannt werden. Die demokratische Legitimation wird demnach durch das Organ verliehen. Wahlen sind nicht erforderlich. Solange die Regierung die Ernennung in einem transparenten Verfahren durchführt, ist dem Demokratieprinzip Genüge getan. Freilich kann vollkommene Unabhängigkeit nur durch Wahlen gewährleistet werden, aber wenn ein so wichtiger Posten durch die Politik eineinhalb Jahre unbesetzt bleibt, ist es Zeit über eine Ernennung, statt einer Wahl nachzudenken. Die DSGVO lässt die Möglichkeit verschiedener Systeme innerhalb eines Landes auch zu, sofern dadurch nicht so komplexe Regelungswerke entstehen, dass die Effizienz der Datenaufsicht oder das Transparenzgebot infrage gestellt werden. Der Weg für eine Ernennung durch den Ministerpräsidenten Reiner Haseloff für die Ernennung eines Datenschutzbeauftragten wäre also frei. Aber wenn schon keine einfache Mehrheit für einen Kandidaten zustande kommt, dann wird es eine Änderung des DSAGs, die für die Einführung eines Ernennungssystems wohl nötig wahre, erst recht nicht.  

Man kann im Ergebnis nur hoffen, dass der Landtag von Sachsen-Anhalt nach der Sommerpause zu einer erfolgreichen Wahl kommt und ein derartig lang verwaister Posten zukünftig die Ausnahme und nicht die Regel sein wird.