Videoüberwachung am Arbeitsplatz
Geschrieben von Jan Steinbach, veröffentlicht am 01.03.2019Um Eigentumsdelikte aufzudecken, darf auch der Arbeitsplatz videoüberwacht werden – aber unter welchen Voraussetzungen genau?
Ein inzwischen sehr verbreitetes Instrument zur Zutrittssicherung ist die Videoüberwachung auch während der Arbeitszeit. Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) enthält keine spezielle Vorschrift, welche die Zulässigkeit von Videoüberwachungen ausdrücklich regelt. Umfang und Grenzen der Zulässigkeit von Videoüberwachungen der Beschäftigten ergeben sich damit aus den allgemeinen Vorschriften der DSGVO über die Rechtmäßigkeit von Datenverarbeitungen. Zentrale Rechtsgrundlage ist daher Art. 6 Abs. 1 Satz 1 lit. f DSGVO, wonach die Verarbeitung rechtmäßig ist, wenn sie zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder Dritter erforderlich ist und nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen.
Offene Videoüberwachung in öffentlich zugänglichen Räumen
Die Zulässigkeit einer offenen Videoüberwachung von Beschäftigten in öffentlich zugänglichen Räumen des Arbeitgebers (z.B. Verkaufsräume in einem Kaufhaus) setzt nach § 4 Abs. 1 Nr. 3 BDSG (neue Fassung) voraus, dass die Überwachungsmaßnahme zur Wahrnehmung berechtigter Interessen des Arbeitgebers für konkret festgelegte Zwecke (z.B. Schutz des Eigentums des Arbeitgebers) erforderlich ist und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass schutzwürdige Interessen der betroffenen Beschäftigten überwiegen.
Erfolgt eine systematische umfangreiche Überwachung öffentlich zugänglicher Bereiche, ist gem. Art. 25 Abs. 3 lit. c iVm. Erwägungsgrund 91 DSGVO zudem eine Datenschutz-Folgeabschätzung durchzuführen.
Offene Videoüberwachung in nicht-öffentlich zugänglichen Räumen
Bei der offenen Videoüberwachung von Beschäftigten in nicht öffentlich zugänglichen Räumen (z.B. in Werkshallen oder Büroräumen) ist die Rechtsgrundlage der Überwachungsmaßnahme § 26 Abs. 1 BDSG (neue Fassung). Dabei sind 2 Alternativen zu unterscheiden: Die Überwachung zur Aufdeckung einer Straftat gem. § 26 Abs. 1 Satz 2 BDSG (neue Fassung) und die Überwachung zur präventiven Überwachung von schweren Verfehlungen, die aber keine Straftat darstellen gem. § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG (neue Fassung). In beiden Fällen gilt, dass die Überwachung zur Wahrung der berechtigten Interessen des Arbeitgebers (z.B. Schutz des Eigentums) erforderlich sein muss und das Interesse der betroffenen Beschäftigten nicht überwiegen darf.
Verdeckte Videoüberwachung in nicht-öffentlich zugänglichen Räumen
Sehr viel strengere Maßstäbe gelten für die verdeckte Videoüberwachung in nicht-öffentlich zugänglichen Räumen. Wegen des besonders hohen Eingriffs in die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen, ist die Rechtfertigungsschwelle bei einer heimlichen Überwachungsmaßnahme besonders hoch anzusetzen. Eine rein präventive Videoüberwachung ohne Anlass genügt den Anforderungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 BDSG (neue Fassung) somit nicht. Vielmehr muss der konkrete Verdacht einer strafbaren Handlung oder einer schweren Verfehlung zulasten des Arbeitgebers vorliegen und weniger einschneidende Mittel zur Aufklärung des Verdachts bereits ergebnislos ausgeschöpft worden sein, womit die verdeckte Videoüberwachung das praktisch einzig verbleibende Mittel darstellt und diese insgesamt nicht unverhältnismäßig ist.
Speicherdauer von Videoaufzeichnungen
Videoaufzeichnungen sind ebenso wie andere personenbezogene Daten dann zu löschen, wenn der Zweck der Verarbeitung entfallen ist. Zur Aufdeckung von Straftaten oder schweren Verfehlungen muss dem Arbeitgeber dabei aber eine ausreichende Frist eingeräumt und Wochenenden und evtl. Feiertage berücksichtigt werden. In seinem Urteil vom 29.9.2014 (Az. 11 LC 114/13) hatte sich etwa das Oberverwaltungsgericht Lüneburg mit der datenschutzrechtlichen Zulässigkeit von Überwachungskameras in einem privaten Bürogebäude zu befassen und entschied, dass die Speicherung in diesem Fall über einen Zeitraum von zehn Tagen gerechtfertigt sei.
Fazit
Auch wenn die DSGVO keine spezielle Vorschrift zur Videoüberwachung am Arbeitsplatz enthält, kann diese Überwachungsmaßnahme unter den genannten Voraussetzungen über das berechtigte Interesse des Arbeitgebers gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO legitimiert sein. Wichtig dabei ist, dass eine Interessenabwägung vorgenommen wird, wobei Ihr Datenschutzbeauftragter hinzugezogen werden sollte. Eine ausdrückliche Einwilligung der Arbeitnehmer ist in diesen Fällen hingegen nicht erforderlich. Sie sollten aber auf jeden Fall die ohnehin erforderlichen Hinweisschilder zur Videoüberwachung (Vorabhinweis und Hinweis) anbringen – unseren Mandanten stehen die entsprechenden Vorlagen auf Ihrer Datenschutz-Plattform zum Abruf bereit. Mehr zum Thema in unserem weiteren Blogbeitrag: Informationspflichten bei Videoüberwachung.
Sollten Sie weitere Fragen zum Thema Videoüberwachung am Arbeitsplatz haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.