Sammelklage gegen Human Resource KI-Anbieter: Wird Diskriminierung bestraft?
In den USA läuft derzeit eine Sammelklage gegen den HR-Softwareanbieter Workday, die den Einsatz von KI im Recruiting grundlegend infrage stellt. Kläger ist Derek Mobley, ein afroamerikanischer US-Bürger mit körperlichen Beeinträchtigungen, der sich seit 2017 über 100-mal bei Unternehmen bewarb, die Workdays Recruiting-KI nutzen. Trotz passender Qualifikationen erhielt er ausschließlich Absagen, oft zu ungewöhnlichen Zeiten wie mitten in der Nacht.
Workday in Erklärungsnot
Erst wurde seine Klage abgewiesen, doch mit vier weiteren Betroffenen, die ähnliche Erfahrungen machten, reichte er 2024 eine überarbeitete Klage ein. Der zentrale Punkt: Nicht die Unternehmen selbst, sondern Workday soll haften. Als Dienstleister stellt Workday eine einheitliche KI-Lösung bereit, die offenbar systematisch bestimmte Gruppen benachteiligt. Im Mai 2025 ließ ein US-Gericht diese Argumentation zu und genehmigte eine Sammelklage.
Das könnte weitreichende Folgen haben, denn Workday ist Marktführer. Allein 2023 verarbeitete ihre Software rund 24 Millionen Stellenanzeigen und über 266 Millionen Bewerbungen. Das mögliche Ausmaß betroffener Personen ist also enorm.
Besonders problematisch ist, dass Workday dem Gericht keine Evaluierungsdaten vorlegen konnte, die zeigen, ob die KI auf Diskriminierung geprüft wurde. Ein Hinweis darauf, dass grundlegende Qualitätskontrollen fehlen könnten.
KI im Bewerbungsprozess – ein Thema für Europa?
Der Fall zeigt, wie gefährlich es werden kann, wenn KI im HR-Bereich ohne ausreichende Prüfung eingesetzt wird. Statt objektiver Entscheidungen entstehen Systeme, die vorhandene Diskriminierung ungewollt verstärken.
In Europa wäre ein solcher Fall in dieser Form derzeit eher unwahrscheinlich. Denn der AI Act der EU stuft HR-KI als Hochrisiko-Technologie ein. Anbieter müssen hier strenge Vorgaben erfüllen, unter anderem zu Transparenz und Fairness. Der Fall Workday zeigt, wie wichtig solche Regeln sind.
Ob die US-Unternehmen daraus lernen, bleibt offen, denn ein zum EU AI Act vergleichbares Gesetz existiert dort nicht. Klar ist: Die Zukunft von KI im Recruiting wird entscheidend davon abhängen, wie mit solchen Risiken künftig umgegangen wird. Der Wunsch nach der finalen menschlichen Entscheidung bei automatisierten Prozessen bleibt im Fokus der Gesetzgebung.
Das Pilotprojekt von Workday zur Automatisierung des Bewerbungsprozesses ist vorerst an der transatlantischen Uneinigkeit gescheitert und zeigt nochmals, wie wichtig eine einheitliche Regelung für Fortschritt ist.
Veröffentlicht am 29. September 2025
Alec Böhnke,
Jurist mit Schwerpunkt Datenschutzrecht. Er unterstützt unsere Consultants durch wissenschaftliche Arbeit zu aktuellen rechtlichen Fragestellungen.
Auf unserem Blog schreibt er über Themen rund um Datenschutz, die KI-Verordnung und Informationssicherheit.
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