Polizeibehörden setzen vermehrt auf Palantir

Geschrieben von Luise Riemer, veröffentlicht am 31.10.2022

Das US-Softwareunternehmen Palantir Technologies gehört zu den geheimnisvollsten und mysteriösesten Unternehmen der Welt. In Deutschland stehen diesem inzwischen viele skeptisch gegenüber. Doch was genau steckt dahinter?

Palantir Technologies

Palantir Technologies ist ein auf Big-Data-Analysen spezialisiertes US-Unternehmen, welches im Jahr 2004 gegründet wurde. Es betreibt unter anderem die Analysesoftware „Gotham“. Die Palantir-Software analysiert und strukturiert dabei große Datenmengen und reichert diese zusätzlich mit weiteren, bisher fehlenden Daten aus externen Quellen an. Ursprünglich wurde diese Software für Anti-Terror-Analysen entwickelt. Demnach ist es auch nicht verwunderlich, dass vor allem Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste auf der Kundenliste von Palantir zu finden sind. Dazu gehören unter anderem die CIA, NSA und das FBI. Inzwischen gehören jedoch auch große Wirtschaftsunternehmen aus der Finanz- und Pharmabranchen zum Kundenstamm des Unternehmens. Das Unternehmen konnte seit der Gründung ein stetiges Wachstum verzeichnen und beschäftigt inzwischen mehr als 2.500 Mitarbeiter an 25 internationalen Standorten. Seit September 2021 ist Palantir zudem auch an der Börse zu finden.

Einsatz von Palantir-Software in Deutschland

Inzwischen wird die Analysesoftware des Unternehmens Palantir auch in Deutschland genutzt. So setzt zum Beispiel die Polizei in Nordrhein-Westfalen eine Software des Anbieters Palantir ein. Die dafür entwickelte Variante der Software „System zur Datenbankübergreifenden Analyse und Recherche“ (DAR) soll die polizeilichen Datenbänke dabei besser und effektiver auswerten, sodass Tatzusammenhänge leichter erkannt, Täter schneller ermittelt und  . Das Innenministerium behauptet allerdings, dass dafür nur die bereits vorhandenen Daten, welche durch die Polizeibeamten manuell und händisch zusammengetragen worden sind, genutzt würden. Gemäß den Pressemeldungen soll die Software jedoch auch frei verfügbare Informationen aus dem Internet bzw. den sozialen Medien sammeln können, um diese dann alle miteinander zu verknüpfen.

Neben der Polizei in NRW, nutzt auch die hessische Polizei  bereits seit Sommer 2018 eine ähnliche, eigens zugeschnittene Software („hessenDATA“) von Palantir. Vom hessischen Innenministerium heißt es dazu, dass schwerwiegende Straftaten sowie ein islamistisch motivierter Anschlag mittels der Software bereits vereitelt worden seien. Ferner unterzeichnete das Landeskriminalamt Bayern im Frühling dieses Jahres einen Rahmenvertrag mit Palantir zur Nutzung der Software VeRA („Verfahrensübergreifende Recherche und Analyse). Dadurch erhalten gleichzeitig alle Bundesländer die Möglichkeit, die Software ohne eine erneute Ausschreibung einkaufen zu können. Es muss somit kein neues Vergabeverfahren für öffentliche Aufträge durchgeführt werden, wenn ein weiteres Bundesland in Deutschland beschließt, die Palantir-Software nutzen zu wollen. Dies erleichtert den Einsatz dieser enorm.

Nach Hessen, Nordrhein-Westfalen und Bayern prüfen jetzt auch der Bund sowie weitere Bundesländer (vor allem Baden-Württemberg und Bremen) den Einsatz  des Anbieters Palantir. Wie diese diesbezüglich entscheiden werden, bleibt abzuwarten.

Sorge von Datenschützern

Mit dem vermehrten Einsatz von Analyseanwendungen von Palantir in Deutschland, wächst auch die Skepsis gegenüber diesem Unternehmen. Datenschützer stufen die Analysesoftware und ihre Nutzung dabei als problematisch ein. Und das nicht nur, weil sich durch den Rahmenvertrag Palantirs Position auf dem deutschen Markt festigt und eine Abhängigkeit deutscher Sicherheitsbehörden vom US-amerikanischen Anbieterabzeichnet. Sondern auch, weil Datenschützer befürchten, dass ein Abfluss der durch Analyseanwendungen von Palantir erhobenen Daten an die US-Geheimdienste zu befürchten ist. Nach dem bayrischen LKA würden die Daten jedoch ausschließlich im Rechenzentrum der Polizei gespeichert.

Die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (LDI) Nordrhein-Westfalen vertritt ferner die Auffassung, dass es sich bei der Software des Anbieters Palantir um das sogenannte „Data Mining“ handelt. Data Mining meint dabei den Abbau großer, bereits bestehender Datenmengen, um diese dann (fast) automatisch auswerten und mögliche Zusammenhänge bestimmen zu können. Dieser Vorgang stellt einen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre der betroffenen Personen dar und bedarf somit grundsätzlich einer Rechtsgrundlage. Die LDI NRW ist dabei der Meinung, dass es hier jedoch genau  , sodass sie den Einsatz der Software als rechtswidrig einstuft. Denn Art. 6 Abs. 1 lit. e DSGVO gilt hauptsächlich nur für Katalogstraftaten und bei begründeter Gefahrenlage. Data Mining zur Gefahrenabwehr ohne erhebliche Hinweise auf eine tatsächliche Gefahrenlage fällt nicht darunter. Eine gerichtliche abschließende Entscheidung zu dem Einsatz von Palantir durch deutsche Behörden bleibt jedoch ebenfalls abzuwarten.

Palantir zur Pandemiebekämpfung

Erst in jüngster Vergangenheit gerat die Analyseanwendung von Palantir durch Fehlentscheidungen in rege Kritik. In  den USA wurde die Software des Anbieters Palantir vom dortigen Gesundheitsministerium zudem zur Pandemiebekämpfung eingesetzt. Sie wurde genutzt, um die Impfstoffe an die impfwilligen Einwohner „einfach, fair und gerecht“ zu verteilen. Dabei kam jedoch heraus, dass der Algorithmus zur Verteilung des Impfstoffes fehlerhaft gewesen ist. Er bevorzugte gesunde weiße Patienten gegenüber Kranken mit anderer Hautfarbe. Dies beruhte auf der Annahme des Algorithmus, dass Menschen, die mehr Geld für ihre Gesundheit ausgeben, automatisch kränker seien und somit bevorzugt die Impfdosis gebrauchen würden. In der Praxis sieht dies jedoch anders aus. Genau diese Gruppe an Menschen kann aufgrund eines größeren Vermögens mehr Geld für die Gesundheitsvorsorge ausgeben und ist deshalb mit einer höheren Wahrscheinlichkeit weiß.

Fazit

Der Einsatz der Analysesoftware des US-amerikanischen Unternehmens Palantir ist in Deutschland stark umstritten. Einige Bundesländer nutzen diese bereits bei polizeilichen Ermittlungen, wobei sich wiederrum andere von der Nutzung dieser distanzieren und dessen Einsatz für nicht notwendig erachten. Die LDI NRW hält den Einsatz der Software durch deutsche Behörden dabei für rechtswidrig, aufgrund einer fehlenden Rechtsgrundlage. Auch zeigte die Software bei der Nutzung für die Verteilung von Impfstoffen in den USA eine gewisse Fehleranfälligkeit. Inwieweit dem Algorithmus somit in der Praxis getraut werden kann, ist fraglich. Datenschützer fordern somit eine einheitliche gesetzliche Regelung, die den genauen Umgang mit der Software VeRA regelt. Gerichtliche Entscheidungen hinsichtlich der Voraussetzungen einer zulässigen Nutzung der Analysesoftware in der Polizeiarbeit bleiben ebenfalls abzuwarten.