Gesichtserkennung in Moskauer Metro

Geschrieben von Luise Riemer, veröffentlicht am 10.10.2022

Tickets für die U-Bahnen in Moskau können seit Oktober 2021 schnell und einfach mittels Gesichtserkennung erworben werden. Geldkarten oder Smartphone müssen nicht mehr gezückt werden. Ein kurzer Blick in eine entsprechende Kamera genügt. Die Meinungen darüber gehen weit auseinander. Praktisch und innovativ für die einen, gefährlich für die anderen. Im Fokus steht dabei vor allem die Sorge um Datenmissbrauch durch die russischen Behörden.  

Das Bezahlsystem „FacePay“ 

Der Erwerb der Fahrtickets in Moskau kann seit kurzem auch mittels eines neuen Bezahlsystems, das sogenannte „FacePay“ erfolgen. Diesem liegt die Technologie der biometrischen Gesichtserkennung zugrunde.  Inzwischen sind bereits mehr als 240 U-Bahnstationen in Moskau mit der neuen Bezahltechnologie ausgestattet. Genutzt werden kann dieser Dienst grundsätzlich von jedem Fahrgast, der sich vorab auf der Webseite der Moskauer U-Bahn registriert, unter anderem seine Telefonnummer und Bankverbindung dort hinterlegt sowie ein aktuelles Foto von sich hochlädt. In den Bahnhöfen muss dann für den Ticketerwerb im jeweiligen Terminal nur noch kurz in die entsprechende Kamera geschaut werden. Diese erkennt den (im System gespeicherten) Fahrgast anhand einzigartiger biometrischer Merkmale, die eine eindeutige Identifizierung des jeweiligen Gastes ermöglichen. Der Weg zur Metro-Station wird freigegeben und der Betrag für das Ticket wird automatisch vom hinterlegten Bankkonto abgebucht. Viele Moskauer befürworten diese neue Technologie. Das Bezahlen mittels Gesichtserkennung erfolge einfach, schnell und man müsse nicht seine Bankkarte im Bahnhofsgedränge herausholen. Auch das lästige Suchen nach dem Ticket habe somit ein Ende.  

Sorge um Missbrauch durch die Behörden 

Viele Kritiker stehen der neuen Technologie hingegen skeptisch gegenüber. Sie haben Sorge um einen möglichen Datenmissbrauch durch die russischen Behörden und einer daraus folgenden staatlichen Totalüberwachung. Problem sei dabei nicht die Technologie an sich, sondern der Missbrauch dessen durch den Staat und seine Behörden.  

Nach eigenen Angaben des Moskauer Metrobetriebes erfolge keine Weitergabe der Daten an die Polizei oder andere Behörden. Fakt ist aber auch, dass die Moskauer Metro eine staatliche Einrichtung ist.  Eine absolute Sicherheit, dass die durch FacePay erhobenen Daten, nicht doch an Sicherheitsdienste weitergeben werden gibt es daher nicht. Außerdem gab es bereits einige Vorfälle, bei denen Personen in der Metro mit Verweis auf eine Identifizierung durch FacePay festgenommen wurden. Besonders Pro-Nawalny-Demonstranten sowie Kriegsgegner sind von dem Vorgehen betroffen. Auch präventive Festnahmen im Vorfeld von zu bevorstehenden Protesten soll es in diesen Zusammenhängen bereits gegeben haben.  

Fazit  

Auch wenn die in der Moskauer Metro eingeführte FacePay-Technologie auf den ersten Blick ein nettes Gimmick ist und komfortabel scheint, ist diese stark umstritten. Denn vor allen in autoritären Staaten wie Russland gelangen Behörden durch solche Technologien eine fast unkontrollierbare Macht über die Bevölkerung. Kritiker befürchten zudem, dass die „Blase der Überwachung“ in Zukunft noch weiter anwachsen wird.  

Bei Misstrauen gegen die Technologie kann der Ticketerwerb aber auch weiterhin über die anderen gängigen Wege erfolgen. Die Nutzung von FacePay bleibt freiwillig, sodass die üblichen Alternativen parallel bestehen bleiben.