Ein Blick ins Grundbuch kostete einen Bauunternehmer in Baden-Württemberg jetzt 50.000€

Geschrieben von Christina Webersohn, veröffentlicht am 20.12.2022

Stellen Sie sich vor, Sie besitzen ein Grundstück, noch unbebaut, und bekommen Post von jemandem, der es Ihnen abkaufen möchte. Das ist schon etwas unheimlich. Da ist schließlich kein Klingelschild oder Briefkasten, die Rückschlüsse auf Sie zulassen… Einem Grundstückseigentümer in Baden-Württemberg ist das tatsächlich passiert. Auf seine Nachfrage beim Absender – einem Bauträgerunternehmen – woher dieses denn die Daten hätte, bekam er jedoch keine Antwort. Er wandte sich deshalb an den Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg. 

Heimliche Grundbuchabfragen 

Und was die Bußgeldstelle dann ermittelte, liest sich wie ein Krimi: Ein Vermessungsingenieur, der berufshalber eine Befugnis zur Einsichtnahme in das elektronische Grundbuch im automatisierten Abrufverfahren besitzt, hatte in zwei Fällen mehrere Hundert Grundstückseigentümer ohne deren Kenntnis identifiziert und diese Daten an das fragliche Bauträgerunternehmen weitergegeben. Dieses schrieb die Eigentümer an und machte Ihnen ein Kaufangebot, ohne die notwendigen Informationen nach Art. 14 DSGVO zu erteilen, also ohne über die Herkunft der Daten zu informieren. 

Die Verstöße – Datenschutzrechtliche Einordnung 

In diesem Fall liegt nicht nur ein Verstoß gegen Art. 14 DSGVO vor, denn auch die Datenerhebung und -verarbeitung selbst hatte keine Rechtsgrundlage gem. Art. 6 Abs. 1, auf der sie fußen konnte. Weder Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit b) (Vertragsanbahnung) noch lit f) (Berechtigtes Interesse seitens des Bauträgerunternehmens) kommen laut der Bußgeldstelle in Frage, da zwischen den Grundstückseigentümern und dem Bauträger keine vorherige Geschäftsbeziehung bestand und die Eigentümer nicht davon ausgehen mussten, dass ihre Daten im Grundbuch für werbliche Ansprachen zur Verfügung stehen. 

Es wurde in der Mitteilung des Landesbeauftragten die Tatsache besonders herausgestellt, dass Grundstückseigentümer weder der Eintragung im Grundbuch noch der Datenübermittlung widersprechen können, da ihre Daten auf Grund einer gesetzlichen Pflicht erhoben werden. Diese gesetzliche Pflicht dient aber nicht der werblichen Ansprache, sondern der Rechtssicherheit bei Grundstücksgeschäften. Dementsprechend ist für das grundbuchrechtliche Einsichtsrecht auch allgemein anerkannt, dass ein alleiniges Erwerbsinteresse nicht zur Einsichtnahme berechtigt, es vielmehr bereits der konkreten Vertragsverhandlungen bedarf.  

Das Bußgeld 

Der Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-Württemberg verhängte daraufhin gegen den Bauunternehmer und den Vermessungsingenieur ein Bußgeld in Höhe von 50.000 € sowie 5.000€. Die Aufsichtsbehörde wies darauf hin, dass bei der Höhe „neben der Anzahl der betroffenen Personen, der Art der betroffenen Daten und der Bedeutung der verletzten Vorschriften vor allem die Kooperation der verantwortlichen Stellen im Bußgeldverfahren berücksichtigt“ wurde. Es ist also davon auszugehen, dass ein uneinsichtiger Verantwortlicher mit einer noch weitaus empfindlicheren Strafe hätte rechnen müssen. 

Fazit des Landesbeauftragten 

Der Landesbeauftragte Dr. Stefan Brink zog dazu folgendes Fazit: „Verantwortliche sollten sich bewusstmachen, dass auch öffentliche Daten Schutz genießen und nicht zur freien Verfügung stehen. Die im vorliegenden Fall verhängten Geldbußen machen deutlich, dass sich heimliche Datenverarbeitungen unter Ausnutzung spezieller Zugriffsrechte nicht auszahlen. Die Datenschutz-Grundverordnung gilt auch im hart umkämpften Markt um Bauland.“