Berliner Polizei schafft den Vermerk „Migrationshintergrund“ ab

Geschrieben von Christina Webersohn, veröffentlicht am 10.10.2022

Was ist passiert?

Ende September berichteten nicht nur regionale Medien darüber, dass die Berliner Polizei das Merkmal „Migrationshintergrund“ für Straftäter nicht mehr erfassen wird.

Was sind die Hintergründe?

Im Berliner Polizeilichen Landessystem zur Information, Kommunikation und Sachbearbeitung (POLIKS) konnte seit 2011 bis zum 3. August 2022 für jugendliche Tatverdächtige deutscher Staatsbürgerschaft mit einem Haken vermerkt werden, ob ein Migrationshintergrund vorliegt. In anderen Bundesländern gab es keine vergleichbare Erfassung. In der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) wird diese Angabe ansonsten weitergeführt.

„Dem bisherigen Verfahren lag ursprünglich die Überlegung zugrunde, dass die Kriminalitätsbelastung von zugewanderten oder aus Einwanderfamilien stammenden deutschen Jugendlichen und Heranwachsenden einer von vielen relevanten Aspekten sein kann, um soziale Fehlentwicklungen wie Armut, ungleiche Bildungschancen oder Diskriminierung zu erkennen und diesen mit präventiven Maßnahmen gegenzusteuern. In der Praxis wurden die Daten zum Migrationshintergrund unter 21-jähriger Tatverdächtiger jedoch kaum für entsprechende organisatorische Planungen und Entscheidungen genutzt.“

Rbb|24 berichtete darüber hinaus, dass laut Stellungnahme des Senats „dieses singuläre Kriterium für Berlin jedoch keine Relevanz entfaltet”, auch, „weil der Prozentsatz der Menschen mit Migrationshintergrund in Berlin insgesamt hoch sei“. Deshalb habe die Senatsverwaltung für Inneres die Abschaffung initiiert. Andere Senatsverwaltungen, wie beispielsweise die für Bildung, Jugend und Familie oder jene für Integration, Arbeit und Soziales sowie Justiz und Antidiskriminierung hätten zudem keine dementsprechenden Daten in den vergangenen Jahren angefragt.

Was sagt der Datenschutz?

Die Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Berliner Polizei ist durch das Berliner Datenschutzgesetz (BlnDSG) Teil 3 geregelt. In §31 14. a) werden in Einklang mit der DSGVO „Daten, aus denen die rassische oder ethnische Herkunft, […] hervorgehen“ als besondere Kategorien personenbezogener Daten definiert und somit einem besonderen Schutzniveau unterworfen. §35 Abs. 1 BlnDSG ermöglicht eine Verarbeitung personenbezogener Daten, einschließlich besonderer Kategorien personenbezogener Daten zu wissenschaftlichen, historischen, archivarischen und statistischen Zwecken. Da eine Verarbeitung zu diesen Zwecken jedoch nicht eigetreten ist, ist es aus datenschutzrechtlicher Sicht folgerichtig, auf eine weitere Erhebung zu verzichten.

Fazit

Der Verzicht auf die weitere Erhebung des Migrationshintergrundes ist nach Faktenlage aus Sicht des Datenschutzes, eine gute Entscheidung. Da nach §32 Abs. 2 BlnDSG personenbezogene Daten nicht länger gespeichert werden dürfen, als es für die Zwecke, für die sie verarbeitet werden, erforderlich ist, wäre die logische Schlussfolgerung, dass die zwischen 2011 und dem 3. August 2022 erfassten Angaben zum Migrationshintergrund der betroffenen Personen zudem gelöscht werden.

Ob dies in diesem Zuge auch vorgenommen wurde, wurde nicht öffentlich gemacht. Aus diesem Grund ist davon auszugehen, dass dieses Datum zwar nicht weiter erhoben, aber dennoch weiter von der Berliner Polizei gespeichert und potenziell für unzulässige Zwecke verarbeitet werden.

Betroffene Personen finden unter https://www.berlin.de/polizei/verschiedenes/artikel.90228.php nähere Informationen zur Möglichkeit ein Auskunftsersuchen an die Berliner Polizei zu richten.