Photo: Alina - stock.adobe.com
Apple vs. ATT in Europa: Droht das Aus für die Anti-Tracking-Abfrage?
Apple stellt in Aussicht, die App-Tracking-Transparenz (ATT) in Deutschland und weiteren EU-Ländern abzuschalten. Hintergrund sind laufende Verfahren der Wettbewerbsbehörden – allen voran in Deutschland und Italien. Was bedeutet das für Unternehmen, App-Anbieter und Werbepartner – und wie bereiten Sie sich vor?
Worum geht es konkret?
ATT blendet beim ersten App-Start einen Zustimmungs-Dialog ein. Nutzerinnen und Nutzer entscheiden dort, ob App-übergreifendes Tracking zu Werbezwecken erlaubt ist. Laut Apple setzen Regularien diese Funktion nun europaweit unter Druck; das Unternehmen verweist explizit auf Verfahren in Deutschland und Italien.
Was prüfen die Behörden genau?
Das Bundeskartellamt hat im Februar 2025 seine vorläufige Einschätzung veröffentlicht: Die Ausgestaltung des „App Tracking Transparency Frameworks“ (ATTF) könne missbräuchlich sein, weil sie Dritte stärker beschränke als Apple selbst (Stichwort: Self-Preferencing). Das Verfahren stützt sich u. a. auf § 19a GWB. Die Pressemitteilung ist hier verfügbar.
Was bedeutet „Self-Preferencing“?
Self Preferencing bedeutet übersetzt Selbstbegünstigung. Das beschreibt, wie hier bei Apple, dass ATT so gestaltet ist, dass Dritt-Apps beim nutzerübergreifenden Werbe-Tracking massiv beschränkt werden. Apple selbst ist von den Beschränkungen kaum oder gar nicht betroffen.
Dadurch entsteht ein struktureller Wettbewerbsvorteil für Apples eigene Dienste und Werbeprodukte: Denn Apple kontrolliert das Betriebssystem, setzt damit die Spielregeln für alle anderen, reduziert deren Monetarisierungsmöglichkeiten und kann gleichzeitig eigene Produkt- und Werbeangebote aufwerten.
Die Wettbewerbsbehörden prüfen daher, ob Apple seine Plattformmacht missbräuchlich einsetzt, indem es Regeln schafft, die andere stärker treffen als Apple selbst — mit potenziell marktverzerrenden Effekten.
Welche Folgen hätte das ATT-Aus für User in Deutschland?
Für Nutzende von iOS würde ein ATT-Aus vor allem weniger Transparenz und Kontrolle bedeuten. Was danach passiert, hängt davon ab, wie Apple das ATT-Aus konkret umsetzt. Auf jeden Fall wird sich das Werbeerlebnis ändern und Geschäftsmodelle werden sich anpassen müssen. Folgen könnten mehr unpersonalisierte Werbung oder mehr Paywalls und Abos sein, wenn die Werbeeinnahmen z. B. von Online-Redaktionen sinken.
Wann ist mit einer Deaktivierung des ATT in iOS zu rechnen?
Es gibt keinen festen Termin. Apple hat lediglich gewarnt, ATT in Deutschland bzw. Europa abschalten zu „können“, falls laufende Wettbewerbsverfahren (u. a. beim Bundeskartellamt und der italienischen AGCM) entsprechende Auflagen bringen. Das Bundeskartellamt hat bislang nur eine vorläufige Einschätzung veröffentlicht; eine finale Entscheidung ist offen. In Italien wird eine Entscheidung frühestens ab Dezember 2025 erwartet. Vorher ist mit keiner flächigen Deaktivierung zu rechnen.
Was iOS-User schon jetzt machen können (egal, wie ATT ausgeht)
- Tracking-Anfragen abschalten: Einstellungen → Datenschutz & Sicherheit → Tracking → „Apps erlauben, Tracking anzufordern“ aus; vorhandene App-Schalter prüfen.
- Apple-Werbung minimieren: Einstellungen → Datenschutz & Sicherheit → Apple-Werbung → Personalisierte Werbung aus.
- Safari härten: Einstellungen → Safari → Cross-Site-Tracking verhindern, IP-Adresse verbergen (Tracker), Pop-ups blockieren; optional „Datenschutzschonende Werbemessung“ aus.
- Mail-Schutz aktivieren: Einstellungen → Mail → Datenschutz schützen (Tracking-Pixel blockieren).
- iCloud Private Relay (mit iCloud+): Einschalten für zusätzliche IP/DNS-Privatsphäre beim Surfen.
- Wo möglich, statt Social-Log-ins, „E-Mail verbergen“ aktivieren.
Veröffentlicht am 28. Oktober 2025
Kemal Webersohn, ist Geschäftsführer der WS Datenschutz GmbH und seit über zehn Jahren im Datenschutz und in der Informationssicherheit tätig. Er schreibt außerdem auf unserem Blog zu Themen rund um Datenschutz, Informationssicherheit und die KI-Verordnung.
Weitere Artikel des Autoren
- Passwörter nicht notieren: Passwortmanager erhöhen Sicherheit
- Sicherer Umgang mit E-Mails: Was man nicht per E-Mail versenden sollte
- Smart-TVs und Datenschutz: Karussell des Datengeschäfts
- Bußgeld gegen Online-Bank N26
- Falsche Vorstellungen von der Einwilligung
- Aktuelle Entwicklungen bei der Bußgeldbemessung nach DSGVO